Mittwoch, 17. September 2025
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Wurzel-Wunder im Gemeindepark Lankwitz

Baumstumpf einer Buche

Von Michael Springer

Eine stattliche Buche wurde vor einiger Zeit im Gemeindepark Lankwitz gefällt. Zurück blieb ein überaus großer Wurzelstock und Stubben, der die Buche wohl über mehr als hundert Jahre getragen hat. Übrigens ganz leicht zu finden, wenn man den Eingang von der Malteserstraße an der Ecke Kamenzer Damm und Paul-Schneider-Straße betritt.

In diesem nassfeuchten Sommer vollzieht sich ein kleines Naturwunder. Am Wurzelstock und am Baumstumpf wachsen massenhaft Pilze hervor, und bilden eine fast surrealistische Szene.

Der Naturkreislauf der holzzersetzenden Organismen kommt hier in Gang.

Artenreichtum und Biodiversität von Pilzen und holzzersetzenden Pilzarten sind bisher nur unzureichend in der Öffentlichkeit bekannt. Besonders die heimische Buche ist über den gesamten Lebenszyklus bis zum Vermoderung ein Lebensort und Symbiosepartner für viele Pilzorganismen.

Symbiotische Mykorrhizapilze leben an den Wurzeln der Buche, Parasiten und holzzersetzende Pilze wie der Hainbuchen-Zystidenrindenpilz (Peniophora laeta) nähren sich von geschwächten und dürregeschädigten Buchen. Daneben gibt es viele Arten von Streusaprophyten, Baumpilze wie Hallimasch-Arten, Wurzelschwamm, Brandkrustenpilz oder Lackporlinge, die als parasitäre Pilze, die Totholz wie auch lebende Bäume befallen und zersetzen.

Wissenschaftliche Erkenntnisse über Pilze und Buchen

Die Eidgenössische Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft ( WSL ) hat im Informationszentrum der Pilze der Schweiz hochinteressante Daten zu über 2.000 Pilzarten herausgefunden, die als Partner oder als Wirt der Buche dienen können.

  • 1047 Mykorrhiza-Pilzarten – davon 247 Rote Liste Arten
  • 1132 Holzzersetzer und Parasiten – davon 127 Rote Liste Arten
  • 0398 Streusaprophyten – davon 33 Rote Liste Arten.

Die Autoren Stefan Blaser, Andrin Gross eröffnen den Blick auf eine faszinierende Welt: „Neben den Guten und Bösen zählen die Streusapro­phyten wie die reinen Totholzabbauer zu den Nützli­chen. In einem Buchenwald ist der Boden meist durch eine dicke Schicht aus Buchenlaub und Frucht­bechern bedeckt. Unermüdlich bauen Pilze das viele organische Material ab und setzen die darin enthal­tenen Nährstoffe wieder frei.“

Und sie ermöglichen eine ganz anderes Bild von der Buche: „Das Zusammenleben der Buche mit Pilzen beginnt, wenn das zarte Würzelchen des Buchenkeimlings in Kontakt mit dem Boden und der darin lebenden Mykorrhizapilze kommt. Und es endet erst lange nach dem Tod des Baumes, wenn das tote Buchenholz restlos abgebaut ist.“

Pilze im Ökosystem

Die Deutsche Gesellschaft für Mykologie e.V. (DGfM) betreibt aktive Öffentlichkeitsarbeit, beispielsweise mit Vorträgen, Pilzwanderungen, Ausstellungen, Beteiligung am „Tag der Artenvielfalt“ und am „Tag des Pilzes“, Auswahl und Bekanntgabe des „Pilz des Jahres“. Die DGfM und Rote-Liste-Zentrum betreuen auch das neue Datenportal „Pilze Deutschlands“, das am 18.2.2025 gestartet wurde. Auftraggeber ist das Bundesamt für Naturschutz.
„Pilze Deutschlands“ führt Beobachtungs- und Sammlungsdaten aus ganz Deutschland zusammen. Geprüfte Daten werden für wissenschaftliche Auswertungen, für die Erstellung der Roten Listen Deutschlands und für Zwecke des Naturschutzes verwendet. Der Besuch des Webportals steht grundsätzlich allen Privatpersonen und Institutionen offen. — Bei seinem Start im Februar 2025 enthielt „Pilze Deutschlands“ bereits rund 4,3 Mio. Datensätze zu rund 12.000 Taxa, weitere werden folgen. 

Baumstumpf einer Buche
Baumstumpf einer Buche mit Wurzelstock wird von Pilzen besiedelt und zersetzt – Foto: © Michael Springer

Bäume fällen und Stubben roden?

Wenn Bäume in Gärten und Parks gefällt werden und wenn ein Pilzbefall nachwachsender Baumgenerationen vermieden werden soll, müssen Wurzelstöcke und Stubben gerodet werden. Nur vollständige Wurzelstockrodungen können diese Baumstandorte langfristig vor Pilzbefall schützen.

Ob sich das Straßen- und Grünflächenamt Steglitz-Zehlendorf sich zu einer Wurzelstockrodung entschließt, ist noch ungeklärt. Angesichts der Haushaltslage und Sparpolitik könnte das „Wurzel-Wunder“ im Gemeindepark aber auch als seltene Sehenswürdigkeit und als umweltpädagogische Lernfeld erhalten und beobachtet werden.

In jedem Fall ist es sehenswert und wissenswert, hier im Gemeindepark einen tieferen Einblick in den Naturkreislauf zu gewinnen.


Leser-Aktion: Welche Pilze sind hier am Werk?
Welche Pilzarten siedeln auf dem Wurzelstock und zersetzen Wurzelholz und Buchen-Stubben?

Antworten an: info@steglitz-zehlendorf-zeitung.de