Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen hat Anfang November 2020 einen Handlungsleitfaden zum Umgang mit Problemimmobilien veröffentlicht. Mit dem Begriff „Problemimmobilie“ werden baulich marode, verwahrloste, vermüllte und verfallene Wohnhäuser bezeichnet, die eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit darstellen — in denen z.T. Menschen teilweise unter menschenunwürdigen Umständen leben. Die Gesamtzahl dieser Objekte in Berlin ist überschaubar.
Die Probleme die diese Objekte für Betroffene, Nachbarschaft und das direkte Umfeld hervorrufen sind vielfältig und oft unüberschaubar.
Sebastian Scheel, Senator für Stadtentwicklung und Wohnen erläuterte dazu: „In Berlin gibt es derzeit rund 20 sogenannte Problemimmobilien. Es handelt sich also um kein Massenphänomen, trotzdem ist jede einzelne eine zu viel. Mit dem Handlungsleitfaden wollen wir die zuständigen Kolleginnen und Kollegen in den Bezirken bei ihrer täglichen Arbeit in diesem komplexen Problemfeld unterstützen. Missstände vor Ort sollen so schnellstmöglich beseitigt und die Häuser wieder bewohnbar gemacht werden. Jedes Haus, das den Berlinerinnen und Berlinern so wieder zur Verfügung gestellt werden kann, zählt.“
Übergreifende Problemlagen erfordern übergreifendes Handeln
Für die zuständigen Bezirksämter stellt der Umgang mit diesen Immobilien eine große personelle, organisatorische und finanzielle Herausforderung dar.
In der Praxis bekommen Bezirksämter die Entstehung einer Problemlage gar nicht mit. Stirbt etwa ein Hauseigentümer, und eine Erbengemeinschaft zerstreitet sich, so sind nur das Standesamt des Wohnortes und das Handelregister informiert. Wird ein Rattenbefall gemeldet, so handelt zuerst das Gesundheitsamt, nicht jedoch die Bauaufsicht.
Wird Mietern der Strom abgestellt, so sind nur Mieter und Versorger involviert. Resultieren daraus Frost- und Schimmelschäden und Rohbrüche, so wird es zum Problem der Hausverwaltung. Erst wenn der Hausverwalter ausfällt, oder ein privater Eigentümer erkrankt, wächst eine Problemlage heran. In der Regel entwickeln sich Problemimmobilien aufgrund von Verwahrlosung und Aufgabe der fachlich anspruchsvollen Hausverwaltung.
Problemimmobilien – ein bundesweites Problem
Nicht nur Häuser altern, auch Eigentümer und Hausverwalter werden alt, versterben und vererben ihre Immobilien. Oft sind keine Nachfolge auffindbar. Viele Immobilien aus Insolvenzen und Zwangsverwaltungen und ausgeschlagenen Erbschaften fallen an die Kommunen.
Das Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) hat im Rahmen des Forschungsprojekts „Problemimmobilien – Herausforderungen und Lösungen im Quartierskontext“ bereits einen Handlungsleitfaden erstellt, der hoheitliche Instrumente im Umgang mit Problemimmobilien aufzeigt. Dazu zählen bauplanungs-, bauordnungs-, denkmalrechtliche und wohnungsaufsichtsrechtliche Befugnisse sowie gesetzliche Regelungen aus anderen Bereichen. Die aktualisierte Fassung basiert auf einer Erstauflage aus dem Jahr 2014.
Interessierte können den „Leitfaden zum Umgang mit Problemimmobilien“ kostenfrei unter forschung.wohnen@bbr.bund.de beim BBSR anfordern. Eine PDF-Version (12 MB) ist unter www.bbsr.bund.de abrufbar.
Handlungsleitfaden für Berliner Bezirksämter
Der Handlungsleitfaden richtet sich vor allem an die Mitarbeitenden in den Berliner Bezirksämtern, in ihren Tätigkeiten und Zuständigkeiten mit Problemimmobilien konfrontiert sind. Dies sind z.B. die Bau- und Wohnungsaufsichtsämter und die Wohnungs-, Gesundheits-, Sozial- oder Stadtplanungsämter.
Erläutert werden besondere Schwierigkeiten, die auf Ursachenkomplexe zurückgeführt werden: Weitere Informationen:
- Leerstand
- skrupellose Bewirtschaftungsstrategien, Überbelegung
- Eigentümer mit Problemlagen
- Immobilienzustand und -Lage
- Fehlende Wirtschaftlichkeit
Treuhänder als besonderes Instrument der Verwaltungsvollstreckung
Ein besonderes Instrument hoheitlicher Tätigkeit und letzter Ausweg bei der Neuordnung und Sanierung von Problemimmobilien ist die Einsetzung von Treuhändern. Das WoAufG Bln und das ZwVbG enthalten Regelungen zur Einsetzung einer Treuhänderin oder eines Treuhänders (§ 9b WoAufG Bln; § 4a und § 4b ZwVbG), als besonderes Instrument der Verwaltungsvollstreckung. Hierfür sind in Berlin inzwischen die Rechts- und Finanzierungsgrundlagen geschaffen worden, die Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit (§ 7 Landeshaushaltsordnung – LHO –) folgen müssen.
Der Handlungsleitfaden und gibt Hinweise und Empfehlungen, wie mit Problemimmobilien umgegangen werden kann und liefert einen Überblick über Möglichkeiten und Grenzen vorhandener Rechtsinstrumente, bis hin zur Einsetzung von Treuhändern.
Der Leitfaden soll koordiniertes und zielgerichtetes Vorgehen erleichtern, und die Entscheidungsträger bei ihrer täglichen Arbeit zu unterstützen.
Zugleich sollen interessierte Bürgerinnen und Bürger für das Thema sensibilisiert werden.
Handlungsleitfaden „Umgang mit Problemimmobilien“ (pdf; 403 KB)