Donnerstag, 25. April 2024
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Kranoldplatz: „Transporter-Ausstellung“ mit Wochenmarkt

Markttag auf dem Kranoldplatz:

/// Glosse /// – Der Kranoldplatz rückt mehr und mehr in den Blick der Öffentlichkeit. Seit der Berliner Immobilienentwickler und Investor Harald Huth mit seiner Immobilienholding HGHI Gebäude wie das Stellwerk und die zugehörige Ladenzeile und den Ferdinandmarkt erworben hat, wird eine Diskussion um Einzelhandel, Handelsidentitäten und Aufenthaltsqualitäten unausweichlich.

Der Kranoldplatz und Lichterfelde-Ost haben viel Potential. Der anhaltende Einwohnerzuwachs wird mehr Kunden, mehr Kaufkraft und mehr Bewegung bringen. Die Einzelhändler rund um den Kranoldplatz sind jedoch aufgestört. Die erste Pressemitteilung der HGHI, man sei nun „neuer Besitzer des Kranoldplatzes“, bewirkte einen regelrechten Schock.

Eine neue Linie zeichnet sich schon ab: die HGHI-Holding zeigt als Vermieter Flagge, und kündigt mit Schildern und Bannern vermietbare Flächen an. Standgebühren auf der Fläche des Ferdinandmarkt wurden schon erhöht. Der Vodaphone-Shop ist aus dem Ladenlokal im Stellwerk-Komplex in die Morgensternstraße umgezogen. Zwei große Ladenflächen sind frei.

Die gewohnte Lichterfelder Einzelhandelsgemütlichkeit geht offenbar zu Ende. Mit dem Investor wird nun ein Gegner ausgemacht. Ein runder Tisch wurde eingerichtet und erste Fronten und Befürchtungen aufgebaut: Höhere Mieten, Verdrängung und Konkurrenz werden befürchtet, und „sinkende Lebensqualität“. Wer zum Stichwort „Verdrängung“ und „HGHI googelt“, wird jedoch nicht fündig.

Offenbar hat ein Investor etwas erkannt, was alle Händler in Lichterfelde längst hätten erkennen können: rund um den Kranoldplatz reifen neue Chancen heran. Einzelhändler und Markthändler haben sich über die Jahre auf die lokale Lage eingependelt, statt Zukunftspotentiale und Aufwertungsgewinne selbst zu gestalten.

Markttag auf dem Kranoldplatz:
Markttag auf dem Kranoldplatz: der erste Eindruck ist „ausladend“, statt einladend – Foto: szz

Harald G. Huth hat die Chancen und Wachstumspotentiale erkannt, und investiert. Schaut man sich in Berlin in den Centern der HGHI-Holding um, brummt dort der Umsatz. Nur die Mall of Berlin hatte noch mit Anfangsproblemen zu tun, die sich unter großen Einsatz für den Standort Leipziger Platz und durch berlinweites Marketing aber schon auszahlen.

Nun ist ein Perspektivwechsel notwendig. Der Einzelhandelsstandort Lichterfelde-Ost muss durch die Brille der Kunden betrachtet werden. Stimmt die Qualität, der Preis und die Aufenthaltsqualität? Kommen Kunden nur durch die Ladentür – oder gibt es schon „digitale Marktfenster“ und bezirksweites oder gar berlinweites Marketing? Hat man die Empfehlungen der Einzelhandelsverbände zum „Business Improvement“ beherzigt und ein einladendes Standortprofil gestaltet?

Ist der Kranoldplatz nur gemütliches Nahbereichszentrum oder schon bezirksweites Einzelhandelszentrum? Ist der Markt überörtlicher Anziehungspunkt, auch für Touristen – oder nur eine „Transporter-Ausstellung mit Wochenmarkt?“

Markttag auf dem Kranoldplatz:
Markttag auf dem Kranoldplatz: viel Platz wird verschenkt, Ladenfronten werden zugeparkt. Regelmäsig Umsatzausfall für stationäre Einzelhändler – Foto: szz
Markttag auf dem Kranoldplatz:
Markttag auf dem Kranoldplatz: Transporter-Abstellfläche statt Flair und Marktatmosphäre in der Ferdinandstraße – Foto: szz

Die neu Frontlinie verläuft nicht zwischen lokalen Einzelhändlern und dem neuen Investor, sondern im Internet: bundesweit 17,3 Millionen Haushalte haben schon ein Amazon-Abo, von insgesamt 41 Mio. Haushalten.

Für Einzelhandelsstandorte werden Attraktivität, Einkaufserlebnis und die richtige Einkaufsatmosphäre als Schlüsselfaktoren und Erolgsbasis immer wichtiger.

Anpacken, Gestalten, Kreativität und Marketing, Profilierung und neue Retailkonzepte sind nun am Kranoldplatz gefragt. Auch eine Verjüngung der Zielgruppen und neue Verkehrsregelungen und Mobilitätskonzepte sind notwendig. Kultur und Tourismus sind noch unentdeckte Potentiale. Lichterfelde Ost braucht neue Synergien – und noch viel mehr Kunden. Mehr geht noch – wenn man gemeinsam an einem neuen Einzelhandelsprofil und Marktmanagement rund um den Kranoldplatz arbeitet.