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MKQ Dahlem: Museums- und Kulturquartier als Zukunftskonzept?

MQ Museumsquartier Wien

Die 5. IDEENWerkstatt MUSEEN hat die Zukunft des Museumsstandort Dahlem weiter offen gelassen. Die Diskussion geht daher weiter. Zuerst wird noch das Ergebnis einer Potentialanalyse für Dahlem abgewartet. Das ist das Fazit der 5. IDEENWerkstatt MUSEEN, die am 28. Januar 2019 stattfand.

In einer umfangreichen Pressemitteilung vom 31.01.2019 wurden bisherige Ergebnisse, Zitate und Standpunkte aus der IDEENWerkstatt MUSEEN zusammengefaßt.

Eine skeptische Bürgermeisterin und ernste Fragen

Cerstin Richter-Kotowski, Bezirksbürgermeisterin Steglitz-Zehlendorf eröffnete die Diskussion. Sie sieht das von der Stiftung Preußischer Kulturbesitz beabsichtigte Konzept skeptisch, Dahlem nur als Depot und Werkstätten zu nutzen, die Kunstbibliotheken zu zentralisieren und die Abguss-Sammlung Antiker Plastiken hier unterzubringen.
Cerstin Richter-Kotowski kennt ihren Dahlemer Ortsteil und brachte die Kernfraga auf den Punkt:

„Wird das ein Publikumsrenner? Das scheint mir zu wenig und keine Dauerlösung zu sein. Ich habe den Anspruch, dass sich die Türen am Museumsstandort Dahlem mit zeitgemäßen, zukunftsorientierten und mit kreativen Projekten wieder öffnen – für die Mitarbeiterinnen, Mitarbeiter und für das Publikum. Zwischennutzungen ergeben die Chance, Neues zu erproben.“

Neues – Thinking Out-of-the-Box und Open Innovation in der Stadt

Die Podiumsdiskussion war hochrangig besetzt, aber schon die Namensgebung „IDEENWerkstatt MUSEEN“ und die Eingangsfragen engten die Ideenfindung ein: „Museumsstandort Dahlem: Wie sollen die geschlossenen Räume temporär genutzt werden?“
Statt Vision, Open Innovation und Planung standen Zwischennutzungen auf der Tagesordnung.

Mit Prof. Dr. Michael Eissenhauer, Generaldirektor der Staatlichen Museen zu Berlin, Sabine Bangert, Vorsitzende des Ausschusses für Kulturelle Angelegenheiten des Abgeordnetenhauses von Berlin, Dr. Volker Hassemer, Vorstandsvorsitzender der Stiftung Zukunft Berlin, Thomas Heilmann, Mitglied des Deutschen Bundestages, Christophe Knoch, Micamoca project Berlin und Prof. Peter Weibel, Vorstand des ZKM I Zentrum für Kunst und Medien in Karlsruhe standen altbewährte Interessenvertreter in der Diskussion.

Michael Eissenhauer verteidigte seinen Museumsstandort Dahlem. Und in der Tat könnte das Museum für Europäische Kulturen (MEK) in moderner Form eine zukünftige Entwicklung als Anker und Leitidee bündeln helfen.
Wie weit die 38.000 Quadratmeter Gebäudeflächen für andere Nutzungen zu öffnen sind, soll eine Potentialanalyse zeigen, die von Monika Grütters als Beauftragte für Kultur und Medien (BKM) finanziert wird.

Die Potentialanalyse wird noch etwa bis in den April 2019 auf sich warten lassen. Es vergeht viel Zeit, die eigentlich auch schon für temporäre Zwischennutzungen nutzbar wäre. Insbesondere Thomas Heilmann (MdB-CDU) zeigte Ungeduld, bei allem Verständnis für die Notwendigkeit der Potentialanalyse.

So ergibt sich nun ein weiter geschlossener Prozeß, bei dem die üblichen „Zuständigen und Verdächtigen“ das Heft in der Hand behalten. Von Thinking Out-of-the-Box und Open Innovation ist bislang noch nichts zu bemerken.

Einer schlägt Krach – fordert Digitales & Performatives

Der Vorstand des ZKM I Zentrum für Kunst und Medien in Karlsruhe warnte vo „rückwärtsgewandten“ Dingen und krtisierte erneut den Umzug der Objekte der Dahlemer Museen in das Humboldt-Forum und hält das für „einen Fehler vor dem Hintergrund der Raub-Diskussion“. Peter Weibel ging noch weiter: Man habe auch Dahlem beraubt: „Die Stiftung hat das Museum beschädigt. Das Humboldt-Forum ist rückwärtsgewandt. Dahlem hat etwas Zukunft gewandtes.“ Zukunft heißt für ihn performativ und digital. Man müsse den Künstlern dafür einen Ort geben. Weibels Forderungen sind plakativ, aber tragen nicht viel weiter, denn Medienkunst gibt es heute an jeder Ecke, und zwei Kuppelbauten der Berliner Planetarien haben auch noch Spielzeiten frei.

Christophe Knoch kritisierte als Stellvertreter der vielen Künstler in Berlin: „Es ist ein unglaublicher Zustand, dass die Räume geschlossen sind. Es sind Räume, die sofort genutzt werden könnten“. Berlin habe eine hohe Anzahl an Künstlern, die mit einem ÖPNV-Ticket für 2,80 € hierher kommen könnten. „Man sollte es nicht zu kompliziert machen. Die Vielfältigkeit der Räume mit der Vielfältigkeit der Stadt könnte sich hier widerspiegeln.“ Aber was meinte Knoch damit? Atelierräume sind kein Publikumsrennner und Galerieräume sind heute in vielen leeren Ladengeschäften und Geschäftszentren auch für Künstler die bessere Alternative.

Zukunfts-Fragesteller und der Engpass Politik

Der langjährige Vorstand der Stiftung Zukunft, Dr. Volker Hassemer spielte wieder einmal den „Zukunftsfragesteller;“ statt selbst als Institution „Zukunftsentwürfe“ vorzuschlagen. Zuerst das Lob für die Stiftung Preußischer Kulturbesitz, die sich weiter für Dahlem verantwortlich fühle. – Dann die Zukunftsfrage „Aber was will das Land Berlin? Was macht Herr Lederer? Er muss sich artikulieren, was er will. Es fehlt der politische Wille.“ Doch Hassemers Zukunftsfrage kann längst als „running gag“ durchgehen, weil es bei Ideenmangel in der Politik logischerweise auch keinen Willen geben kann.

Statt selbst zu bewegen, wird Hassemer mit dieser Stiftungspolitik selbst immer mehr zur „Zukunftsbremse“. Er nutzt seine Chancen nicht, um innovativen Politikmustern zum Durchbruch zu verhelfen.

Sabine Bangert nahm Kultursenator Lederer in Schutz, der selbst nicht zu dieser Bezirksveranstaltung kam. Auch der Kultursenator will erst die Potentialanalyse abwarten.

Da nach Angaben von Michael Eissenhauer nur drei Prozent der Objekte der Dahlemer Museen in des Humboldt Forum verlegt werden, ergibt sich die spannende Frage, ob vielleicht auch nur 3% Potentialflächen geöffnet werden können?

Stadtentwicklungspolitisch hatte an diesem Abend noch ein Sprecher gefehlt, der museale Nutzung insgesamt kreativ in Frage gestellt hätte. Denn im wachsenden Berlin rückt Dahlem immmer mehr in eine urbane Zentralität hinein, Archiv-Flächen in so zentraler Lage sind womöglich weder zeitgemäß, noch zukunftsweisend.

MQ Museumsquartier Wien Luftbild
MQ Museumsquartier Wien Luftbild – Foto: © Peter Korrak

Open Innovation: Zukunfts-Entwürfe statt „Zukunftsworte“

Mit der 5. IDEENWerkstatt MUSEEN wurde wieder einmal klar, warum alles in Deutschand quälend langsam und uninspiriert voran geht. Statt dem Podium und den Zuschauern Bleistift und Papier in die Hand zu drücken, und Zukunftsideen aufzumalen, werden stundenlange Wortwechsel geführt. Daraus folgt das Abwarten weiterer „Analyseworte“, wonach „politische Zukunftsworte“ in Gang kommen sollen. Vertagung ist folglich das tragende Prinzip, und es lähmt jegliches Entwicklungsprojekt in Berlin.

MKQ Dahlem: Museums- und Kulturquartier als Zukunftskonzept?

Bürgermeisterin Cerstin Richter-Kotowski hat Recht, wenn sie auf einen attraktiven Anziehungspunkt setzt. Auch die Perspektiven des Regionalmanagement Berlin SÜDWEST müssen in die weiteren Planungen einflie0en. Statt institutioneller Perspektiven muss eine städtebauliche Planungsperspektiven aufgebaut werden.

Es geht nicht nur um die Museen Dahlem, sondern um ein ganzes Quartier. Ein „MKQ Dahlem: Museums- und Kulturquartier als Zukunftskonzept“ – im Geviert zwischen Lansstraße, Arnimallee und Fabeckstra0e, Takustraße. Es ist ein Quartier mit vorhandenen baulichen Entwicklungspotentialen.

Wie sich ein MKQ Dahlem: Museums- und Kulturquartier als Zukunftskonzept entwickeln könnte, macht Wien erfolgreich vor: Das Museumsquartier Wien mit seinen zahlreichen Institutionen hat praktisch fast durchgehend geöffnet, und zieht vielfältige und internationale Zielgruppen und Gäste an.

Mit Architekturzentrum Wien, Dschungel Wien, Halle E+G, Kunsthalle Wien, Leopold Museum, mumok, Q21, Tanzquartier Wien und dem wienXtra-kinderinfo sowie dem ZOOM Kindermuseum ist ein urbaner und höchst lebendiger Mix für alle Zielgruppen geschaffen worden. Es ist ein inspirierendes Gesamtkonzept, das aadaptiert werden kan, und auch auf benachbarte Campus-Quartiere in Dahlem ausstrahlen kann. Hier geht es zur Internetseite den MQ Wien: www.mqw.at .


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