Von Michael Springer
Gärten mit Kies und Schotter bieten keinen Platz für Insekten und andere Tiere. Für Naturschützer sind sie daher ein Dauerthema. Eine Verbotsdiskussion ist im Gang. Sie werden als „ökologisch wertlos“ bezeichnet? — Aber stimmt das?
In Baden-Württemberg sind Schottergärten nicht mehr zulässig. Das Land hat das Verbot von Schottergärten in seinem Landesnaturschutzgesetz konkretisiert: In §21a NatSchG wird vorgeschrieben: „Es ist darauf hinzuwirken, dass Gartenanlagen insektenfreundlich gestaltet werden und Gartenflächen vorwiegend begrünt werden. Schotterungen zur Gestaltung von privaten Gärten sind grundsätzlich keine andere zulässige Verwendung im Sinne des § 9 Absatz 1 Satz 1 LBO.“
Die Landesbauordnung schreibt bereits seit 1995 vor, dass nicht überbaute Flächen zu begrünen sind, wenn sie nicht für eine andere zulässige Verwendung benötigt werden.
Seit 2019 schreibt der Botaniker und Biologe Ulf Soltau über „Gärten des Grauens“ fast täglich Bilder zur Kiesgartenkultur in Deutschland und hat darüber mehrere Bücher veröffentlicht.
Ein Urteil des Oberverwaltungsgericht Lüneburg mit dem Aktenzeichen 1 LA 20/22 schärfte den Blick: „Es ging um die Frage, ob zwei 50 Quadratmeter Beete in einem Vorgarten mit Kies und einzelnen Pflanzen rechtlich als „Grünflächen“ zu betrachten sind.“
Die Beseitigungsanordnung der Kommune wurde vom OVG Lüneburg bestätigt: „Wesentliches Merkmal müsse hier der „grüne Charakter“ der Gesamtanlage sein. Das sei aber bei einzelnen Koniferen und Sträuchern inmitten einer Kiesfläche nicht der Fall.“ — Das Urteil mit Begründung vom 17.01.2023 ist im Niedersächsischen Vorschrifteninformationssystem (NI-VORIS) zu finden.
Das krasseste Beispiel für einen Schottergarten ist in der Steglitzer Rothenburgstraße zu finden. Hier hat der künstlerische Anspruch einen „Glas-Schotter-Garten“ hervorgebracht.
Auch in Berlin ist das Thema auf Betreiben von Naturschutzverbänden umstritten. Im Entwurf der neuen Bauordnung („Schneller-Bauen-Gesetz“) wurden jedoch die Naturschutzauflagen entfernt. Die Frage ist noch offen, ob das Thema „Schottergärten“ geregelt werden muss.
Entsiegelung & Schwammstadt: nur mit Schotter umsetzbar
Die Klimaanpassung der Stadt erfordert weitreichende Flächenentsiegelungen und den Bau von wasserdurchlässigen Wegebefestigungen. Auch Mulden und Rigolen benötigen Kies und Schotter, um die Funktionen von Entwässerung und Wasserspeicherung zu erfüllen.
Es ist eine Frage der planerischen Kreativität von Landschaftsarchitekten und Landschaftsgärtnern, ob dabei mehr Schotterflächen entstehen, oder ob diese Flächen zu fachgerecht angelegten naturnahen Kiesgärten werden. Diese können durchaus pflanzen- und artenreich geplant werden.
Besonders Pflanzenarten von sonnigen, trockenen, humus- und nährstoffarmen und wasserdurchlässigen Extremstandorten eignen sich.
Es sind Pflanzen der natürlichen Trockenstandort, der Trockenrasen und Pionierpflanzen von Steinbrüchen und Kiesgruben.
Die astlose Graslilie, das Ochsenauge, die rundblättrige Glockenblume wachsen auf diesen Standorten. Auch die Karthäuser-Nelke, der Färberginster, Wilder Majoran, Wiesensalbei, Natternkopf, Wolfsmilch wachsen hier. Bekannt sind auch Thymian- und Nelkenarten, Küchenschelle oder Katzenminze als Pflanzen für trockene und sonnige Steingärten. dominieren das Bild, Schotter und Steine bilden die natürlichen Lebensbedingungen der wärme- und trockenheitsverträglichen Arten nach.
Klimaresiliente Gartengestaltung
In einigen Projekten taucht bei Garten- und Grünflächengestaltungen das Thema „Klimaresiliente Gartengestaltung“ auf. Zu sehen ist jeweils heller feiner Kies oder Splitt, etwa (2/8er Korngröße), der den Boden abdeckt. Auf heißen und sonnigen Beeten wird damit die Verdunstung und Austrocknung des Mutterbodens verzögert. Wärmeverträgliche Stauden, aber auch Azaleen und mediterrane Pflanzen oder Gräser und Blühstauden aus Steppenregionen werden meist verwendet.
Die Abdeckung mit Kies und Splitt wirk wie eine Mulchschicht. Der Aufwuchs von unerwünschten Gräsern und Wildkräutern wird verhindert. Die Bodenfeuchtigkeit wird besser gehalten und das Bodenleben und die Pflanzenwurzeln werden geschützt. Dazu kommen die Temperatureffekte: im Sommer heizt sich der Boden nicht so stark auf. Kies und Splitt speichern tagsüber Wärme und geben sie abends langsam wieder an die Umgebung. Für wärmeliebenden Pflanzenarten ist das hilfreich, sie wachsen und gedeihen besser.
Allerdings: die Abdeckung mit Kies und Splitt ist eine Herausforderung für die Pflege: im Herbst ist der Einsatz von Laubblasgeräten schädlich. Kies und Splitt werden „verweht.“ — Die gute alte Fächerharke muss hier wieder helfen, Fallaub und Splitt vorsichtig zu trennen.
Mit den Jahren wird es aber unvermeidlich: Kies und Splitt vermischen sich mit dem Boden, und dann verändern sich auch Mikroklima, Verdunstungsrate und Wasserhaltefähigkeit des Bodens.
Ab die „klimaresiliente Gartengestaltung“ auch nachhaltig funktioniert, hängt immer vom Gärtner und vom Pflegeeinsatz ab. In Dürrejahren ist es auch mit der „Resilienz“ nicht weit her: geht das im Boden pflanzenverfügbare Wasser aus, und wird ein Bewässerungsgang im Sommer ausgelassen, droht weit vor dem Klimawandel der „permanente Welkepunkt.“ — Die Pflanzen verdorren!
Auf dem Saaleckplatz in Lichterfelde laufen derzeit die Pflanzarbeiten. Ein ansässiger Garten- und Landschaftsbaubetrieb und Ausbildungsbetrieb führt die Arbeiten aus. In traditionellen Lehrplänen ist sind die angesprochenen Themen noch nicht abgehandelt. Kurz vor Fertigstellung und Einweihung des neu gestalteten Saaleckplatzes sollte das Pflanzkonzept auch für die Öffentlichkeit erläutert werden.
Zumal nicht ganz klar ist, was ein verbotswürdiger Schottergarten“ ist — und was als „klimaresiliente Gartengestaltung“ zu betrachten ist!